Deutscher Bundestag
2. Wahlperiode
1953
Drucksache 1980
Der Bundesminister für
Wohnungsbau Bad Godesberg, den 14. Dezember 1955
I - 3000/112/55
An den Herrn
Präsidenten des Deutschen Bundestages
Betr.: Verbilligung der nachstelligen Finanzierung ge-
werblicher Räume des Mittelstandes ‘
Bezug: Kleine Anfrage 212 der Abgeordneten Friese,
Schmücker, Dr, Schild (Düsseldorf), Lücke und
Genossen
- Drucksache 1916 -
Die Kleine Anfrage 212 - Drucksache 1916 - beantworte ich wie folgt:
1. Ich habe die Aufstellung und die Herausgabe der Richtlinien für
Zuschüsse aus Bundeshaushaltsmitteln zur Verbilligung der nach-
stelligen Finanzierung gewerblicher Räume des Mittelstandes bei
ßaumaßnahmen des sozialen Wohnungsbaues (Rechnungsjahr 1955,
Einzelplan 25, Kapitel 01, Titel 603), wie nur möglich, beschleu-
nigt. Bei den eingehenden Beratungen mit den sachlich beteiligten
Bundesressorts und den Ländern wurden jedoch schwierige
Probleme der Zuständigkeit, des sachlidien Gehalts und des
Bewilligungsverfahrens aufgeworfen. Die Mehrzahl der Länder
hat mit besonderem Nachdruck geltend gemacht, daß die beab-
sichtigte Förderung weit über den Aufgabenbereich wie über die
personellen und fachlichen Möglichkeiten der für den Wohnungs-
bau zuständigen Stellen hinausgehe. Die Entwicklung der Richt-
linien zog sich daher länger hin.
2. Im Einvernehmen mit dem Herrn ßundesminister der Finanzen
und dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft habe ich die
Richtlinien den für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen
zuständigen Ministern (Senatoren) der Länder inzwischen über-
sandt. Sie werden im Bundesanzeiger Nr. 242 vom 1 5. Dezem-
ber 1955 veröffentlicht werden; auch im Gemeinsamen Ministerial-
blatt und im Bundesbaublatt ist ihr Abdruck vorgesehen.
3. Ein Stück der Richtlinien vom 30. November 1 955 liegt bei (Anlage).
Im übrigen habe ich mit einer der Presse zur Verfügung gestellten
Mitteilung vorgesorgt, daß ßauwillige über die Jetzt bestehenden
besonderen Förderungsmöglichkeiten für gewerbliche Räume des
Mittelstandes allgemein unterrichtet werden.
Druck: Buchdruckerei Peter Meier, Buisdorf/Siegburg
vinvertrieb: Dr. Hans Heger, Bad Godesberg, Rheinallee 20
Telefon 3551
Dr. Preusker
Anlage
Richtlinien
für Zuschüsse aus Bundeshaushaltsmitteln zur Verbilligung der
nachstelligcn Finanzierung gewerblicher Räume des Mittelstandes
bei Baumaßnahmen des sozialen Wohnungsbaues
(Rechnungsjahr 1955, Einzelplan 25, Kap, 01, Tit 603)
L Verwendungszweck
Bei Baumaßnahmen des sozialen Wohnungsbaues sind auch gewerb-
lichen oder beruflichen Zwecken dienende Geschäfts- bzw. Praxis-
räume für selbständige mittelständische Betriebe des Handwerks,
des Handels, des sonstigen Gewerbes und für freie Berufe zu er-
richten, um die Bevölkerung - namentlich in neuen Wohnsiedlungen -
ausreichend zu versorgen und um der volkswirtschaftlichen Bedeu-
tung des gewerblichen Mittelstandes Rechnung zu tragen.
Inhaber selbständiger mittclständischcr Betriebe und Angehörige
freier Berufe können dabei in der Weise gefördert werden, daß die
Finanzierung ihrer innerhalb eines sozialen Wohnungsbauvorhabens
zu errichtenden Geschäfts- bzw. Praxisräume durch Zinszuschüsse
aus Bundeshaushaltsmitteln für marktgerecht angebotene, länger-
fristige nadistellige private Kreditmittel verbilligt wird.
II. Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung
1. a) Der Inhaber der künftigen Geschäftsräume muß Bauherr seiner
Geschäftsräume und der Wohnungen sein und in den Geschäfts-
räumen seinen Betrieb errichten.
Einem Bauherrn steht gleich, wer
aa) über ein mit neuerrichteten Wohnungen und Geschäfts-
räumen bebautes Grundstück oder
bb) über Eigentumsrechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz
vom 15. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 175) an ncu-
errichteten Geschäftsräumen und einer neuerrichteten Woh-
nung
innerhalb von 6 Monaten nach Bezugsfertigkeit der Räume
einen gerichtlich oder notariell beurkundeten Kaufvertrag
abschließt, auf Grund dessen die Übertragung von Eigentum
innerhalb einer Frist von^ längstens 3 Jahren verlangt
werden kann.
b) Der Inhaber des künftigen Geschäftsbetriebes muß zu dessen
ordnungsmäßiger Führung in der Lage sein.
c) Ein Zinszuschuß darf nicht gewährt werden, wenn dem Bau-
herrn nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zugemutet
werden kann, die gesamten Kapitalkosten zu übernehmen,
oder wenn ihm bereits aus anderen öffentlichen Mitteln ein
Zinszuscituß bewilligt worden Ist.
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2. a) Die Geschäftsräume und die Wohnungen sollen auf demselben
Baugrandstück errichtet werden ; wenn nach der Planung des
Bauvorhabens Geschäftsräume und Wohnungen getrennt zu
errichten sind, genügt örtlicher Zusammenhang.
b) Das Bauvorhaben muß - abgesehen von den mitzuschaffenden
Geschäftsräumen - ein solches des sozialen Wohnungsbaues im
Sinne von § 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung
vom 25. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1047) sein,
c) Die mit den Wohnungen zu errichtenden Geschäftsräume
müssen nach Größe und Ausstattung denen eines mittelstän-
dischen Betriebes entsprechen. Filialen oder zweite Geschäfts-
betriebe sind von einer Förderung ausgeschlossen,
d) Der Geschäftsbetrieb soll geeignet sein, seinem künftigen In-
haber nach Geschäftszweig, Lage und voraussichtlicher Ent-
wicklung eine dauerhafte wirtsdiaftliche Existenz zu sichern.
e) Die Gesamtfinanzierung des Bauvorhabens muß gesichert sein.
f) Die bautechnischen Bestimmungen der Richtlinien für den
Einsatz der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau
müssen in der jeweils geltenden Fassung auch für die Geschäfts-
räume angewendet werden.
Zu den Voraussetzungen nach den Nummern 1 b, 1 c 1. Halb-
satz, 2 c und 2d sind die zuständigen Berufsorganisationen
(Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Ärztekam-
mer usw.) zu hören.
3. Zinszuschüsse dürfen nur für nachstellige Darlehen gewährt
werden, die
a) von Privaten, Kreditinstituten und sonstigen Kapitalsammel-
stellen nach dem 1. Dezember 1955 verbindlich zugesagt
werden;
b) den Kreditnehmer unter Berücksichtigung aller Nebenkosten
einschließlich eines etwaigen Auszahlungsdisagios ohne den Zu-
sdiuß zinsmäßig nicht über die marktübliche Höhe hinaus
belasten. Verbilligt werden nur nachstellige Kredite, deren
Nominalzinssatz und sonstige Konditionen bei Abschluß des
Kreditvertrages marktüblich sind. Der Bundcsmlnister für
Wohnungsbau bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundes-
minister für Wirtschaft und dem Bundesminister der Finanzen
den verbilligungsfähigen Höchstzinssatz;
c) einer erststeliigen Hypothek üblicher Höhe folgen.
d) Zinszuschüsse dürfen ferner nur gewährt werden, wenn und soweit
die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergibt, daß die Belastung der
Geschäftsräume die ortsübliche Miete für vergleichbare Geschäfts-
räume überschreitet.
4. Das nachstellige Darlehen darf, soweit cs zinsverbilligt wird, zwei
Drittel der Gesamtkosten der Geschäftsräume sowie 20000 DM
insgesamt nicht überschreiten.
5. Der Zins wird jährlich um höchstens 2 v. H. des zuschußfähigen
Darlehens verbilligt.
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IIL Verfahren
1. Der Antrag ist an die vom Lande bestimmte Stelle zu richten.
Beizufügen ist eine nach § 4 der Bercdmungsvcrordnung vom
20. November 1950 (Bundesgesetzbl, S. 753) gegliederte Wirtschaft-
lichkeitsberechnung über das Gesamtbauvorhaben. Für die
Geschäftsräume ist eine gesonderte Wirtschaftlichkeitsberechnung
gemäß § 3 Abs. 5 der Berechnungsverordnung aufzustellen, nach
der der Zinszusdiuß bemessen wird.
2. Die Bewilligungsstelle erteilt dem Darlehensnehmer auf Antrag
für jeweils 3 Jahre einen Bewilligungsbesdieid über Höhe,
Dauer und Bedingungen des Zinszuschusses. Der Zuschuß wird
halbjährlich nachträglich an den Darlehensgeber gezahlt.
Wird der Zuschuß wiederholt bewilligt, darf die Gesamtlaufzeit
10 Jahre nicht überschreiten.
Bei wiederholter Bewilligung eines Zinszuschusses darf das Jah-
reseinkommen des Geschäftsinhabers im Sinne des Einkommen-
steuergesetzes 9000, — DM nicht übersteigen. Zu dem Jahres-
einkommen des Geschäftsinhabers ist das einkommenstcuerpflichtige
Jahreseinkommen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehe-
gatten und seiner Kinder, für die ihm Steuerermäßigung zusteht,
hinzuzurechnen.
Der Betrag von 9000, — DM erhöht sich für jede dieser Personen
sowie für sonstige zu seinem Haushalt gehörende und von ihm
wegen Bedürftigkeit überwiegend unterhaltene Angehörige (§10
des Steueranpassungsgesetzes) um 840, — DM.
IV. Abrufverfahren und Verwendungsnachweis
1 . Die - Bewirtschaftung der Bundeshaushaltsmittel, die Regelung der
Geldversorgung (Betriebsmittel), die Zahlung und die Rechnungsle-
gung obliegt - vorbehaltlich der sich aus der Art der Verteilung
ergebenden Besonderheiten - den Ländern gemäß dem Rund-
schreiben des Bundesministers der Finanzen betr. Bereitstellung
von Bundeshaushaltsmittcln für den sozialen Wohnungsbau vom
13. Juni 1955 (II A/6 - Wo 0170-1/55).
2. Die Länder teilen dem Bundesminister für Wohnungsbau jeweils
spätestens einen Monat nach Abschluß eines Quartals, erstmalig
nach dem vierten Quartal des Redinungsjahres 1955, die Höhe
der im abgelaufenen Quartal bewilligten und der in diesem
Zeitraum ausgezahltcn Zinszuschüsse nach beiliegendem Form-
blatt I mit.
Zwei Monate nach Abschluß des Rechnungsjahres übersenden
die Länder dem Bundesminister für Wohnungsbau Nachwei-
sungen über die Verwendung der Mittel im abgelaufenen Rech-
nungsjahr nach dem beiliegenden Formblatt 11.
3. Der Bundesminister für Wohnungsbau ist berechtigt, die Ver-
wendung der Mittel selbst zu prüfen oder durch einen Beauftragten
prüfen zu lassen. Die gleichen Rechte stehen dem Bundesrech-
nungshof zu. Die Länder sind verpflichtet, bei der Weitergabe
der Mittel diese Rechte des Bundesministers für Wohnungsbau
und des Bundesrechnungshofes auch gegenüber den Darlehens-
nehmern und den Darlehensgebern auszubedingen.
Bad Godesberg, den 30. November 1955
Dr. Preusker
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Formblatt I
Land:
Nachweisung
Über die im Quartal des Rechnungsjahres bewilligten
und ausgezahlten Zinszuschüsse aus Einzelplan 25, Kap. 01, Tit. 603
Sdilüsselbetrag:
DM (Bundeshaushalt 1955)
Restbetrag zu Beginn des Quartals
DM
Bis zum Beginn des Quartals
erstmals bewilligte Zuschüsse
(Jahresbetrag) insgesamt DM
Im Quartal erstmals bewilligte
Zuschüsse (Jahresbetrag) DM
zusammen:
DM
Bis zum Beginn des
Quartals ausgezahlt DM
Im Quartal ausgezahlt DM
zusammen: * DM
Sdilüsselbetrag abzüglich der erteilten etstmaligen Bewilligungen
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Formblatt II
Land:
Vorderseite
Nachweisung
Über die Verwendung der Mittel aus Einzelplan 25, Kap. 01, Tit. 603
für das Rechnungsjahr 195
Schlüsselbetrag:
DM (Bundeshaushalt 1955)
Restbetrag zu Beginn des Rechnungsjahres
DM
insgesamt
davon an:
Handel
Handwerk
Gewerbe
Um
L Anzahl der Zuschüsse
a) erstmals bewilligte
b) weiter bewilligte
c) in den Vorjahren be-
willigte (noch abzu-
wickelnde)
2. Gesamtbetrag der be-
willigten Zuschüsse
(Jahresbetrag) in DM
a) erstmals bewilligte
b) weiter bewilligte
3. Ausgezahlt im laufenden
Rechnungsjahr in DM
Rechnungsjahr
195
195
195
195
4. Voraussichtlich fällig werdende
Zuschußbeträge in DM
aus den Haushaltsmitteln des vergangenen Rechnungsjahres nicht in Anspruch
genommener Betrag
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Rückseite
5. a) Betrag der erstmals bewillig-
ten Zuschüsse (Jahresbetrag)
in DM
insgesamt
Durchsdinitt
je Betrieb
5. b) '") Gesamtkosten der geför-
derten Gewerberäume in DM
5. c) ^) Betrag der bczuschußten
nachstelligen Darlehen
(vgl. II Nummer 4 der
Richtlinien) in DM
Die Zuschüsse sind gemäß den „Richilinien für Zuschüsse aus Bundeshaushaltsmitccln zur
Verbilligung der nachstelligen Finanzieiung gewerblicher Räume des Mittelstandes bei Bau-
maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues (Recfinungsjahr 1955, Einzclplan 25, Kap. 01,
Tit. 603)” (Bundesanzeiger Nr. 242 vom 15. Dezember 1955) vom 30. November 1955
bewilligt und ausgezahlt worden.
') nur für erstmalige Bewilligungen (Nummer 5a)